Paukenerguss - Hören mit großen Schwankungen
Bei Kindern mit Down-Syndrom sind oft die Organe im HNO-Bereich (Nase, Gehörgang...) sehr klein und eng -
so auch bei Axel -.
Das führt zu vermehrten Problemen bei Schnupfen: er dauert länger und greift oft auch auf die Bronchien über. Das oft schwache Abwehrsystem verstärkt
dieses Problem zusätzlich.
Durch den schwachen Muskeltonus ist die Tube
schwerer zu belüften, denn die Kaumuskeln und Schluckmuskeln werden bei einigen Kindern in den ersten Jahren
zu wenig benutzt. Dadurch wird das Mittelohr ebenfalls zu wenig belüftet. Das Ohr ist häufig
zugefahren. Deshalb hat Axel in den ersten Jahren das Ohr in solchen Zeiten auf alles, was
vibriert, gelegt: Staubsauger, Radio, Recorder und gerne viel Krach gemacht.
Seit Axel 5 Jahre ist, knirscht er mit den Zähnen, wenn die Ohren zufahren. Seit
er 7 Jahre ist, hält er sich auch die Nase zu und bläst hinein, um die Ohren wieder zu öffnen.
Hörtest: Spielaudiometrie und Einschätzung der Messergebnisse
Die Spielaudiometrie ist natürlich kein Medium, um ein exaktes Hörergebnis zu bekommen.
Sie ist lediglich für Kontrolluntersuchungen geeignet. Zur Erstuntersuchung von Babies gibt es andere
Messverfahren (BERA, u.a.).
Bei einem Spielaudiogramm sitzt das Kind in der Mitte zwischen zwei Lautsprechern. Das Geräusch kommt mal
aus dem linken und mal aus dem rechten Lautsprecher. Alle Frequenzen werden in verschiedener Lautstärke
angeboten. Das ältere Kind muss bei jedem Geräusch, das es hört, einen Klotz in einen
Setzkasten stecken. Als Axel kleiner war, haben wir ihn mit diesem Spielzeug zwischen die Lautsprecher
gesetzt. Er spielte, unterbrach aber sein Spiel und schaute zu dem Lautsprecher, der das Geräusch machte.
Meist ordnete er dem Geräusch ein Tier zu (großer oder kleiner Hund oder Vogel, je nach Tonhöhe).
Es gibt auch die Möglichkeit, Musik oder echte Tierlaute anzubieten. Doch fand ich die Ergebnisse
dieser Methode
nicht so zuverlässig und hatte Schwierigkeiten mit deren Einschätzung.
Wenn bei einer Spielaudiometrie eine Klickschwelle von 20 dB gemessen wurde, konnte ich beobachten, dass Axels
Verhalten gut und seine Reaktionen sicher waren. Er konnte den Hahn und den kleinen Hund genauso gut hören, wie
den großen Hund mit tiefer Stimme.
Wenn bei der Spielaudiometrie eine beidseitige Klickschwelle von 40 dB gemessen wurde, dann konnte ich
beobachten, dass Axel den Hahn und den kleinen Hund nicht mehr hörte. Seine Reaktionen auf Aufträge
waren stark verzögert oder fehlten ganz. Den Kassettenrekorder drehte er immer wieder laut und es gab
ständig Streit um die angemessene Lautstärke. Man spricht bei dieser Klickschwelle von einem
Hörverlust von ca. 40 %. Das entspricht einer mittelgradigen Schwerhörigkeit. Kindern ohne
Behinderung reicht dieses Hörvermögen aus, um sprechen zu lernen, da normale Zimmerlautstärke
damit verstanden werden kann. Axel (wegen des Down-Syndroms?) hat es nicht gelangt.
Er hatte regelmäßig in seiner Sprachentwicklung einen Stop.
Wenn bei der Spielaudiometrie rechts 20 dB und links (das engere Ohr) 40 dB gemessen wurden, konnte Axel
zwar Hahn und Hund
hören, legte aber den Kopf schief und sein Richtungshören war gestört.
Wenn ich ihn z.B. aus dem Badezimmer links von ihm rief, lief er stattdessen in die
rechts von ihm liegende Küche. Sein Sprachverständnis war verunsichert. Auf kombinierte
Arbeitsaufträge (z.B. hol Gabel und Löffel aus der Küche aus der Schublade), die er
bei gutem Hörvermögen sicher ausführte, reagierte er in solchen Zeiten nicht. Ein IQ-Test
wäre in einer solchen Zeit viel schlechter ausgefallen, als bei beidseitig gutem Hörvermögen.
Die Ärzte versicherten mir immer wieder, dass 1 gut hörendes Ohr genüge, um Sprache
sicher zu erwerben. Doch hatte ich den Eindruck, dass Axel (wegen des Down-Syndroms?) durch diese ständig
schwankenden Hörvermögen sehr verunsichert wurde. Sie verzögerten seine Reaktionen, seinen
aktiven Spracherwerb und sein passives Sprachverständnis.
(Sabine Häusler)